Donnerstag, 28. August 2014

Unter Segeln: Reden wir mal über: die Angst.


Der Mann meiner Freundin Doris sagt oft zu ihr im Scherz, dass Amerika noch nicht entdeckt wäre, hätten alle so viele Ängste wie sie. Also fragt mich Doris: hast Du eigentlich keine Ängste, allein segelnd?

Die knappe Antwort heißt: Na klar hab ich Angst. Und: Es gibt viele Dinge, die ich fürchte. 
Aber: Nie sollte man seinen Ängsten nachgeben!

Was das heißt, möchte ich mit einer Geschichte erklären: David, mit dem ich in meiner Abiturzeit die ersten abenteuerlichen Wanderungen quer durch die Toskana unternahm und der heute in Guatemala lebt, hatte schon damals eigentümliche Übernachtungsgewohnheiten. Während ich in Florenz - artig und altersgemäß - in die Jugendherberge ging, schlug David sein Einmannzelt oben über der Stadt, hinter dem Friedhof bei San Miniato auf. Auf meine Frage, ob er denn da keine Angst hätte, meinte er: Erstens wäre dieser einsame Platz sicher nicht der Ort, an dem Diebe auf Raubzug gingen. Das wäre in der Stadt weit lukrativer. Und zweitens: Wenn's vor dem Zelt unheimlich raschelt: "Aufstehen. Das Zelt verlassen. Nachsehen."

Und das ist der Kern des "Nie seinen Ängsten nachgeben". Es ist eine ziemlich schwierige und vor allem: lebenslange Übung, die David mir beigebracht hat. Versuchen Sie es mal im Haus, wenn nachts das Gewitter tobt und es am Unheimlichsten ist, das Bett zu verlassen. Gehen Sie in jeden Winkel Ihres Hauses, treten Sie vor's Haus. Sehen Sie nach. Was immer es auch sein mag, wovor Sie Angst haben. "Verlassen Sie das sichere Zelt. Sehen Sie nach."

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Am 1. Januar 2016 erschienen: Was man übers Segeln in Sizilien wissen muss:



Im Sommer 2016 umsegelte ich auf LEVJE Sizilien.
Dies ist der Reisebericht. Und die Beschreibung eines Segelsommers 
und einer Reise um eine Insel, die ihresgleichen sucht.
Mit Anhang für Segler mit "Do's & Don'ts", Häfen, Marinas, Internet.

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Oder wenn's in der Bucht innerhalb von fünf Minuten auf 25 Knoten auffrischt: Segel setzen, mal die Nase rausstrecken. Und kucken, wie das da draußen aussieht. Meistens werden Sie feststellen: Mit Reff im Groß und kleiner Fock geht das wunderbar, wenn auch "hoch am Wind" ein nasser und ruppiger Ritt ist. Ich gebe gerne zu, "David's Übung" ist eine lebenslange. Und leicht fällt sie auch mir nicht.

Oder wer noch nie geankert hat: Versuchen Sie's mal, bei ruhigem Wetter. Suchen Sie sich guten Ankergrund - und machen Sie's gründlich. Es wird nichts wirklich schiefgehen.

Und hier meine Ängste - in der Reihenfolge der Bedeutung:

1. Krankheit und Verletzung
"Die Erfindung des Kühlschranks hat mehr Menschenleben gerettet als die ganze Pharmaindustrie in ihrer Geschichte," sagt Arne Schäffler, erfolgreicher Medizin-Buchautor. Ein guter Satz. Gerade auf älteren Yachten funktioniert der Kühlschrank aber nur so gut, wie Strom zur Verfügung steht. Eine wesentliche Verbesserung der Situation habe ich auf Levje dadurch erzielt, dass ich auf Anraten von Ivo, er sei gepriesen, eine Solarzelle installiert habe. Kostete 100 € plus 120 € für den Laderichter, alles selbst anschließen war mit der Anleitung nicht schwierig und mit aufwändigem Kabelziehen an einem Tag erledigt. Der Kühlschrank ist jetzt kühl rund um die Uhr. Aber trotzdem beäuge ich seinen Inhalt kritisch.

Als vermutliche Gefahrenquelle erwies sich in diesen Tagen auch ein nettes Restaurant auf Kimolos. Ich hatte Lust auf frischen Salat und bin rübergerudert. "Greek Salat with Kimolos Cheese." Nachts Bauchschmerzen, tags darauf Fieber, Durchfall, Schüttelfrost, Gliederschmerzen. Ich werde jetzt wieder an die alten Regeln denken: Nichts Ungekochtes. Nichts Rohes. Aus-die-Maus. Und Salat nur selber machen nach gründlichem Waschen, genauso wie Obst.

2. Technik
Hält das Schiff durch? Springt der Motor an in der Durchfahrt zwischen den Klippen? Halten die Wanten den Mast auch bei 40, 50 Knoten Wind?
Sorgen um die Haltbarkeit von Schiff und Technik stand vor Beginn an allererster Stelle. Auch hier hilft "David's Übung" weiter. Den kaputten Autopiloten konnte ich selber wieder in Gang bringen, für die Ankerwinsch brauchte ich Ersatzteile, aber auch hier ging die Reparatur letztlich problemloser als gedacht. In beiden Fällen erwies sich übrigens Youtube als hervorragende Quelle: sowohl das Zerlegen meiner LEWMAR PRO FISH 1000 wie meines RAYMARINE ST 2000+ ist dort von Seglern in ausgesprochen hilfreichen Videos sauber dokumentiert. "Aufstehen. Das sichere Zelt verlassen. Nachsehen."


3. Ganz allgemein: "Das, was viel größer ist als ich." 
Das, was nicht mehr beherrschbar ist. Damit meine ich: Wellen, kürzer, steiler und höher, als ich sie jemals gesehen habe. Wind, stärker als ich in je erlebte. Ein Unwetter, wütender als alle, die ich erlebte.
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Soeben erschienen vom Autor von Mare Piu: 
Ein Film darüber: Was Segeln ist.



                         Als Download und auf DVD: € 19,99

Was passiert, wenn das Leben die gewohnten Bahnen verlässt? 
Was geschieht, wenn man sich einfach aufmacht und fünf Monate Segeln geht? 
Darf man das? Und wie ändert sich das Leben?
Der Film einer ungewöhnlichen Reise, der Mut macht, seinen Traum zu leben.



Der Film entstand nach diesem Buch: 
Geschichten über die Entschleunigung, übers langsam Reisen 
und die Kunst, wieder sehen zu lernen
Einmal München - Antalya, bitte. 

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4. Wind und Wetter
Als es ganz am Anfang meiner Reise morgens um acht genau wie beschrieben schlagartig mit 25 Knoten in die Bucht blies und ich zögerlich war, rauszugehen, haute mir Sven, der ein Stück mitsegelte, das Wort um die Ohren: "Willst Du warten, bis der Wind weg ist?" Wir gingen raus, und es war ein herrlicher Segeltag. Mit jedem Segeltag wächst das Vertrauen in mein Schiff. Wind und Wetter sind nicht zu ändern. Aber wie ich mein Schiff darauf einstelle, das schon.

Zuguterletzt:
"Man kann immer etwas tun."

Was ich mir einschärfe und nie vergessen möchte, ist dieser Satz. Egal, ob Sven erzählt, wie ihn auf Spargi in einer Tagesanker-Bucht 9-10 Windstärken drei Tage vor Anker festhielten. Oder Reijko, dem 100 Meter vor dem Hafen der Kühlwasserschlauch platzte und die Seewasserpumpe das Wasser ins Boot pumpte. Oder mir bei einer Bora-Fahrt über den Quarner der Krümmer plötzlich leckte. Und Wasser ins Boot lief. Oder heute plötzlich draußen, 10 Meilen vor der Küste, der Motor ausfiel. (Es war der Impeller - aber trotzdem, einhand, unter Segeln, die Wasserpumpe zerlegen und wieder zusammenschrauben:)


Ich hoffe eigentlich: Erstens, dass mir das alles nie passiert.
Und zweitens, dass mir dann etwas einfällt. Was ich tun kann.



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6 Kommentare:

  1. Einspruch Euer Ehren! Mit dem 'den Ängsten nicht nachgeben sollen' bist Du definitiv auf dem Holzweg - finde ich. Ängste sind doch keine Feinde! Sie sind Deine Freunde. Mal falsche, mal richtig gute Freunde. Prost, liebe Ängste

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    1. Danke! Ja, Angst ist meine Freundin! Sie warnt mich und sagt: Sei vorsichtig und aufmerksam, umsichtig und gefasst!

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  2. Lieber Andal,
    da hast Du schon recht. Aber mal Hand aufs Herz, und Du bist mein bester Freund: Bist Du MIR immer gefolgt? Bin ich DIR immer gefolgt? Unseren besten Freunden hören wir zu. Aber: "Aufstehen. Nach Draußen gehen. Nachsehen.": Das müssen wir schon selber machen.

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    1. Danke! Ja, manchmal irrt sich meine Freundin! Und "Aufstehen und nachschauen, ist eine gute Möglichkeit, sich Überblick zu verschaffen!

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  3. in unserem kopf geht es oft viel bedrohlicher zu, als in der Realität!
    grüsse von anna

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